pro Su-Ro - Bergstadtbote Mai 2023

4 Vor 30 Jahren hat SulzbachRosenberg einen seiner großen Söhne fast dem Vergessen entrissen: den Bibeltheologen, Philologen und Orientalisten Joseph Franz von Allioli. An seinem 120. Todestag (22. Mai 1993) eröffnete nach feierlicher Messe in der Pfarrkirche und Festakt im Rathaus das Stadtmuseum eine Sonderausstellung*, die später auch in Regensburg und Augsburg zu sehen war. Mitgerechnet…? Bald ist der 150. Todestag des Ge(l)ehrten! Als Dompropst hat man den knapp 80-Jährigen 1873 in Augsburg zu Grabe getragen. 1708 war die Kaufmannsfamilie Allioli vom Nordwesten Italiens nach Sulzbach zugewandert. Rasch integrierte sie sich in die oberen Ränge der Stadtgesellschaft, stellte Magistratsräte, ja lieh sogar der Regierung Geld. Nicht so gut ging Bernhard Alliolis Zwischenspiel als Haagwirt: 1720 rügte der Rat den Urgroßvater des Geistlichen wegen allzu schmächtiger Bratwürste. Welch Sakrileg in der barocken Residenzstadt! Der begabte Urenkel schrieb sich nach seiner Schulzeit in Sulzbach und München 1810 am Amberg Lyzeum ein, 1814 an der Universität Landshut. Dort traf er auf Johann Michael Sailer. Der Reformtheologe prägte Joseph Franz Allioli, entdeckte und förderte dessen Sprachentalent. 1816 in Regensburg geweiht, schickte man den jungen Priester nach kurzem Einsatz in der Seelsorge zu Spezialstudien nach Wien und Rom. 1821 zurück in Landshut, nahm der königlich begünstigte Nachwuchstheologe seine akademische Lehrtätigkeit auf. Nach einer Fortbildungspause in Paris dozierte Allioli ab 1824 als Professor für orientalische Sprachen, biblische Archäologie und Exegese (Bibelauslegung), mit Umzug der Landesuniversität ab 1826 in München. Als er dort 1830/31 Rektor war, brachen Studententumulte aus, die ihn freilich überforderten. Berühmt waren seine Kurse in Arabisch und islamischer Mystik, zahl- und einflussreich seine wissenschaftlichen und geistlichen Publikationen. Der Sulzbacher gründete eine „Orientalische Gesellschaft“ und wurde in die Königl.-Bayer. Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Doch setzten gesundheitliche Gründe seiner universitären Laufbahn ein frühes Ende – 1835 wechselte er in den höheren Kirchendienst. Sehr pikiert war man allerdings, als er seine neue Regensburger Domherrnstelle lange nicht antrat und dies auf dringliche „biblische“ Arbeiten in München schob. In der Tat hatte ihn 1824 Prof. Sailer gebeten, eine schon länger kursierende deutsche Bibelversion zu überarbeiten. Damit sollte die seit 1810 bei Seidel in Sulzbach gedruckte ökumenische „van Eß-Bibel“ (den römischen Behörden ein Dorn im Auge!) verdrängt werden. Dieses anfangs höchst diskrete, insgesamt diffizile und pikante Projekt wurde letztlich zur völligen Neuübersetzung, verzögerte sich mehrfach und forderte Allioli alle Kräfte ab. Alle? In München beschäftigte ihn außer der Bibel offenbar noch etwas ähnlich Diskretes, Intensives: die Beziehung zu einer Dame... So lobte man Allioli 1838 nach Augsburg weg, wo er Dompropst wurde. Dort bewährte er sich in mancherlei Funktion sehr gut, ließ auch seine soziale und pastorale Ader kräftig schlagen, konnte aber kaum aus seiner etwas ‚speziellen‘ Haut. Als im Sommer 1855 sein Bischof starb, übertrug man ihm interimsweise die Bistumsleitung. Schon sah er sich als Nachfolger des Oberhirten, von seinem Patron König LudDr. Markus Lommer, Heimat(er)kunde(n) Nr. 34: Joseph Franz von Allioli und sein Bibel-Bestseller Allioli um 1850 als Abgeordneter des Bayerischen Landtags Seit der Jubiläumsfeier im Mai 1993 befindet sich eine Gedenktafel an Alliolis Geburtshaus (Eisdiele/SRZ, Luitpoldplatz 22), s.a. Vergrößerung rechts. (Alle Fotos: lm)

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